Findeltiere

Das ganze Jahr über erreichen uns Meldungen über gefundene Tiere, seien es Jungvögel während der Brutzeit oder verletzte Fledermäuse oder Igel. Häufig gibt es engagierte Menschen, die etwas für die Findeltiere tun möchten und helfen wollen. Doch wie macht man’s richtig? Spätestens, wenn das Tier im Karton steckt, taucht diese Frage auf. Vorher sollte man sich aber erst ein paar Gedanken machen…

Grundsätzlich ist hier zu sagen, dass erst einmal geklärt werden muss, ob sich das Tier wirklich in einer Notlage befindet. Denn am besten aufgehoben sind Wildtiere in der Natur und Jungtiere bei den Eltern! Die jeweils richtige Pflege ist schwierig und aufwendig und bedarf einiger Fachkenntnis. Auch bei verletzten Tieren muss abgewogen werden, ob der Patient nicht in seiner gewohnten Umgebung am besten aufgehoben ist oder ob der Stress, den man durch die Nähe zum Menschen und den Transport in eine fremde beängstigende Umgebung, tatsächlich gerechtfertigt ist. Bei Zweifeln ist es immer ratsam, die Meinung von Fachleuten einzuholen, bevor man tätig wird. Sollte wirklich eine Pflege erfolgversprechend und nötig sein, muss außerdem geklärt werden, wer diese dann in den nächsten Wochen bis Monaten übernimmt. Jungtiere müssen in einem bestimmten Alter alle zwei Stunden gefüttert werden und das auch nachts! Man benötigt unbedingt das passende Futter und muss die geeignete Fütterungstechnik beherrschen. Ohne diese wird man kaum ein Insekt in eine kleine Meise bekommen, die den Schnabel nicht aufsperrt! Zusätzlich ist eine günstige Unterbringung, angepasst an das Alter des Tiers nötig, also ggf. auch mit Auslauf. Und zu guter Letzt muss klar sein, ob das Geschöpf sich selbst in freier Wildbahn versorgen kann und wie und wo es frei gelassen werden kann. Man sollte also nicht unbedacht ein Tier mitnehmen und sich im Klaren darüber sein, dass v.a. die Jungenaufzucht in Menschenhand das spätere Verhalten negativ beeinflussen kann, da z.B. die Scheu vor dem Menschen oder den Haushunden oder Katzen herabgesetzt ist. Unter Umständen kann der Pflegling nicht mehr in die Freiheit entlassen werden, da die natürlichen Verhaltensweisen, die das Überleben ermöglichen, nicht entwickelt wurden.

Manche Situationen können von einem unerfahrenen Beobachter leicht falsch eingeschätzt werden. Bei den Singvögeln können viele Jungvögel beispielsweise noch nicht richtig fliegen, wenn sie das Nest verlassen und hopsen flatternd von Strauch zu Strauch. Sie werden aber noch von den Eltern gefüttert, die sie über die Rufe immer wiederfinden. Nimmt man also in guter Absicht einen kleinen bettelnden Vogel mit nach Haus, wird er unter Umständen grundlos eingehen, da die Pflege von Vögeln nicht einfach ist. In einem solchen Fall sollte der Vogel über mehrere Stunden hinweg beobachtet werden, um zu sehen, ob die Eltern noch füttern oder nicht. Auch junge Eulen befinden sich einige Tage lang in dem sogenannten „Ästlingsstadium“, nach dem sie das Nest verlassen haben. Sie sind noch flugunfähig und klettern in Bäumen oder auch am Boden umher. Auch hier füttern die Eltern weiter. In einem solchen Fall könnte man die Jungeule höchstens vom Boden auf einen Ast setzen, um Hunde fern zu halten – doch Vorsicht vor den Füßen! Eulen greifen ihre Beute mit den Füßen und können sehr fest zupacken und wissen ihre Krallen zu gebrauchen.

Auch bei jungen Säugetieren muss zuallererst geprüft werden, ob sich die Eltern noch in der Nähe aufhalten, was auch hier über mehrere Stunden oder Tage hinweg geschehen sollte. Generell gilt bei Wildtieren, dass man sie, wenn überhaupt, nur mit Handschuhen anfasst, um sich vor der Übertragung von Krankheiten zu schützen! Anders als bei kleinen Vögeln (außer dem Mauersegler, der mehr als andere Vogelarten auf ein absolut intaktes Gefieder angewiesen ist) muss bei kleinen Säugern darauf geachtet werden, dass sie den Geruch des Menschen möglichst nicht annehmen (Handschuhe tragen!), wenn sie wieder von den Eltern angenommen werden sollen. Denn bei Säugern spielt der Geruchssinn eine sehr wichtige Rolle bei der Wiedererkennung des Nachwuchses bei Vögeln das Gehör.

Junge Fledermäuse fallen manchmal aus den sogenannten Wochenstuben, den Quartieren, in denen sie geboren werden. Tagsüber kann man die Winzlinge vorsichtig in einen Karton mit einem weichen Tuch legen und ihn bei Zimmertemperatur aufstellen. Zusätzlich kann Wasser mit einem Pinsel angeboten werden. In der Dämmerung kann das Jungtier z.B. auf ein Fensterbrett in der Nähe des Fundortes gelegt oder an einen Baum gehängt werden. Die Mutter sucht drei bis vier Tage lang nach ihrem Nachwuchs in Quartiernähe und trägt ihn wieder zurück.

Ist eine Fledermaus in ein Zimmer eingeflogen, so öffnet man am besten alle Fenster, macht das Licht aus und schließt die Tür. Wenn man sich ruhig verhält, kann man sehen, dass der elegante Flieger schnell wieder nach draußen fliegt. Sollte sie bereits an der Gardine o.ä. hängen, kann man sie vorsichtig mit Handschuhen anfassen und auf das Fensterbrett setzen. Tagsüber wäre ein mit einem Tuch ausgelegter Karton mit einem flachen Wasserschälchen die beste Lösung. Man stellt den Karton in einen ruhigen kühlen Raum und setzt die Fledermaus auf’s Fensterbrett oder möglichst hoch an einen Baumstamm. Von dort kann sie weg fliegen, sobald sie richtig aus der Tagesstarre aufgewacht ist.

Sollte eine Pflege tatsächlich nötig sein, so ist es das Beste, das Tier einem Fachkundigen zu überlassen. Entsprechende Kontakte können in vielen Fällen über die Umweltbehörden und –vereine vermittelt werden.

Wer sich detaillierte Informationen über das Thema holen möchte, den wird folgender Buchtipp interessieren: „Findeltiere“ von Sebastian Brandes, ausleihbar in unserer Umweltbibliothek!

Noch drei Tipps, um Pflegefälle an Haus und im Garten zu vermeiden: decken Sie Regentonnen ab, sichern sie Fallrohre mit einem passend geformten Ball aus Maschendraht und legen Sie einen Ast oder etwas anderes Griffiges in den Uferbereich von Folienteichen, damit Tiere wieder herausklettern können!